Projektleitung: Prof. Dr. Sylvia Rahn
Mitarbeiter*innen: Dipl.-Soz.wiss. Emanuel Hartkopf, Dr. Miriam Keune
Kooperationspartner:
Dr. Thorsten Bührmann, MSH Medical School Hamburg, University of Applied Sciences and Medical University
Projektbeschreibung:
- Kontext
Der Übergang von der Sekundarstufe I in das Berufsbildungssystem ist eine kritische Phase im beruflichen Lebenslauf, deren Bewältigung für die Jugendlichen mit vielfältigen Anforderungen verbunden ist. Besondere Aufmerksamkeit haben in der Berufsbildungsforschung und -praxis die "indirekten Übergänge" auf sich gezogen, die nicht unmittelbar in einen beruflich vollqualifizierenden Bildungsgang münden. Solche Übergänge kommen teils als "Notlösungen", aber auch in erheblichem Maße "geplant" zustande. Offen war, ob bzw. für welche Schülerinnen und Schüler sich die Erwartungen, die die Bildungsentscheidungen zugunsten der genannten Bildungsgänge motiviert haben, erfüllen oder jedoch enttäuscht werden. Ziel des Projekts war es deshalb u. a., die Datengrundlage für die Einschätzung der Bildungsbeteiligung im Übergangssegment zu berufsbildungspolitischen Zwecken sowie für die schulische Berufsorientierung und die Laufbahnberatung der Jugendlichen zu verbessern.
- Fragestellung
In teils explorativer und teils explanatorischer Absicht wurden drei übergeordnete Forschungsfragen verfolgt:
1. Wie entwickeln sich die beruflichen Orientierungen und Übergangspläne der Jugendlichen in den beruflich orientierenden, beruflich grundbildenden und beruflich teilqualifizierenden Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen und was tun die Jugendlichen, um ihre Pläne zu realisieren?
2. Inwieweit lassen sich die Übergangsprozesse, die die Jugendlichen nach Beendigung der Bildungsgänge anschließen, als Folge geplanten Berufsorientierungs- und Bewerbungsverhaltens erklären?
3. In welchem Maße tragen das berufliche Orientierungsverhalten und Bewerbungsverhalten der Jugendlichen, der besuchte Bildungsgang und die Personenmerkmale der Schülerinnen und Schüler zur Erklärung der Übergangsprozesse der Jugendlichen bei und welche Teilgruppen der Jugendlichen können ihre Übergangschancen durch den Besuch der Bildungsgänge verbessern?
- Untersuchungsmethoden
Das Projekt war als regionale Paneluntersuchung angelegt. Mittels weitgehend standardisierter Fragebögen wurden die Schülerinnen und Schüler, die im Schuljahr 2012/2013 ein Berufsorientierungs-, Berufsgrundschuljahr, eine ein- oder zweijährige teilqualifizierende (höhere) Berufsfachschule oder eine Klasse für Jugendliche ohne Ausbildungsverhältnis in der Untersuchungsregion besucht haben, mehrfach schriftlich zu ihrer Berufsorientierung befragt. Ergänzend wurden qualitative Einzel- und Gruppeninterviews durchgeführt.
Neben der deskriptiven Auswertung der Daten wurden Strukturgleichungs- bzw. Generalisierte Lineare Modelle angepasst, um die Gültigkeit der Theorie geplanten Verhaltens zu prüfen. Zur Beantwortung der dritten Forschungsfrage wurden logistische Regressionsanalysen gerechnet und mittels Propensity Score Matching die Übergangschancen der Absolventen des Übergangssegments mit den Direktabgängern aus der Sekundarstufe I derselben Region und Schülerkohorte verglichen.
- Darstellung der Ergebnisse
Die Theorie "geplanten Verhaltens" kann auch für die Übergänge der Absolventen des Übergangssegments empirische Gültigkeit beanspruchen. Die Übergangsintentionen lassen sich auf die Einstellungen der Jugendlichen zu den verschiedenen Anschlussoptionen sowie auf die wahrgenommenen Einschätzungen ihres sozialen Umfelds zurückführen.
Zugleich deuten die Projektergebnisse auf Förderbedarfe bei der praktischen Umsetzung der Übergangspläne hin. Die berufliche Orientierung wird während der Bildungsgänge nicht durchgängig konkreter. Das Such- und Bewerbungsverhalten ist teils wenig ausgeprägt und überdies sind "Timingprobleme" zu beobachten.
Für die Chancen der Absolventen des Übergangssegments, nach Beendigung des Bildungsgangs eine betriebliche Ausbildung aufzunehmen, sind letztlich die entsprechende Übergangsabsicht und der frühzeitige Beginn der Bewerbungsaktivität entscheidend. Personenbezogene Merkmale der Schülerinnen und Schüler spielen bei statistischer Kontrolle dieser beiden Faktoren so gut wie keine Rolle.
Im Vergleich mit Direktabgängern aus der Sek. I zeigt sich kein chancenverbessernder, aber auch kein negativer Signaleffekt des Übergangssegments.
Laufzeit: 04/2013 – 09/2015 (abgeschlossen) / vertiefende Analysen bis 2021
Finanzierung: Hans Böckler Stiftung – Projektnummer: 2013-636-5